Erinnerungskult
auf dem Syberg

Preußisch-nationaler Erinnerungskult auf dem Syberg

Im 19. Jahrhundert bekam das Bergplateau auf dem Syberg, auf dem sich noch heute die Ruinen der mittelalterlichen Burganlagen befinden, im Zuge der deutsch-nationalen Denkmalsbewegung eine neue Funktion zugesprochen. Während der Vincketurm von 1857 noch einer Frühphase angehört, stellt das 1902 eröffnete Kaiser-Wilhelm-Denkmal ein steingewordenes Zeugnis des Wunsches dar, die karolingische Geschichte in einen Sinnzusammenhang mit Kaiser Wilhelm I., den »Reichseiniger«, zu stellen. 

 

Das Denkmal wurde als monumentale Dreiturmgruppe mit reichem neugotischem Bauschmuck nach einem Entwurf des Architekten Hubert Stier gestaltet. Vor den Turmbauten standen das zentrale Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm I. sowie die Standbilder Ottos von Bismarck, des Grafen von Moltke, Kaiser Friedrichs III. und des Prinzen Friedrich Karl. Hierbei handelte es sich um Arbeiten der Stuttgarter Bildhauer Adolf und Karl von Donndorf.

Die Geschichte

Die Hohensyburg bei Dortmund

Die Hohensyburg liegt zwischen Hagen und Dortmund auf einem etwa 140 m über die Ruhr aufragenden, dreieckigen Geländesporn. Dieser wird im Süden durch die Ruhr und im Westen, Nordwesten und Osten durch die Täler kleinerer Bäche begrenzt, sodass ein einfacher Zugang zum Bergplateau nur im Nordosten möglich ist.


Die Befestigungsanlage ist heute stark überprägt. So wurden seit dem 19. Jh. immer wieder größere Umgestaltungsmaßnahmen am Gelände durchgeführt, unter anderem durch die Errichtung des noch heute zu besichtigenden Kaiser-Wilhelm-Denkmals, einer Spielbank und weiterer Baumaßnahmen sowie der Anlage von zahlreichen Wanderwegen und Grünflächen zur touristischen Erschließung des auffälligen Geländemerkmals. Auch das im Nordosten gelegene Syburg, heute Stadtteil von Dortmund, veränderte mit seiner starken Ausdehnung in Richtung des Plateaus die Landschaft und die Befestigungen nachhaltig.


Die Hohensyburg taucht im frühen 19. Jh. erstmals in lokalen und überregionalen Beschreibungen auf. Auch wurden im weiteren Verlauf einige Planskizzen angefertigt, die allerdings nur wenig aussagekräftig sind. Dies änderte sich am Anfang des 20. Jh., als die Wälle der Hohensyburg für den „Atlas vorgeschichtlicher Befestigungen Niedersachsens“ erstmals fachmännisch vermessen und in Teilen archäologisch untersucht wurden. Die zahlreichen auf dem Bergsporn durchgeführten Baumaßnahmen wurden allerdings leider nur teilweise wissenschaftlich begleitet. Letztmalig konnten bei Bauarbeiten in den 1980er-Jahren kleinere Flächen archäologisch untersucht werden.

Eine Burg zur Sicherung von Sachsens Grenzen

775 nahm Karl der Große die strategisch günstig auf einem Plateau oberhalb des Ruhrtals gelegene sächsische Wallanlage und Burg ein. Er nutzte die Festung zu Verteidigungszwecken, gründete dort eine Kirche und legte am Flussübergang unterhalb der Anlage einen Reichshof an. Von dieser »Kernburg« haben sich Teile des Walls und des Grabens erhalten.


Um 1100 entstand eine Steinburg auf dem Gelände, etwa gleichzeitig mit der jetzigen Kirche und weiteren Burgen entlang der Ruhr, zur Grenzsicherung des sächsischen Gebiets. Die Syburg diente besonders zur Sicherung des Ruhrübergangs bei Westhofen. Die Befestigung verlor jedoch im 14. Jahrhundert an Bedeutung und wurde im 17. Jahrhundert zerstört. Als Überreste sind Teile des Wohnhauses und des Bergfrieds geblieben.


Auf dem selben Plateau auf dem höchsten Punkt des Sybergs wurde 1857 der Vincketurm errichtet. Es handelt sich um einen achteckigen, 26 Meter hohen Aussichtsturm aus Ruhrsandstein, der in neugotischen Formen gestaltet wurde. Er ist benannt nach Ludwig Freiherr von Vincke (1774–1844), der ab 1810 Eigentümer der Syburg war. Vincke war erster Oberpräsident der 1815 geschaffenen preußischen Provinz Westfalen. Im Zweiten Weltkrieg nutzte die Wehrmacht den Turm als Artilleriebeobachtungspunkt. Die alliierten Truppen nahmen daher den Turm unter Beschuss und beschädigten ihn schwer. 1955 wurde er rekonstruiert.

Aufbau & Befunde

Die Wallanlage umfasst insgesamt eine Fläche von etwa 12 ha, wobei der ehemalige Wallverlauf nicht mehr vollständig zu rekonstruieren ist, sodass sich daraus Ungenauigkeiten ergeben. Anhand des heute noch nahezu vollständig erhaltenen, sogenannten „Mittelwalles“, wird die Innenfläche der Anlage in eine westliche Haupt- und eine östliche Vorburg eingeteilt.

 

Der Außenwall der Anlage ist vor allem im nördlichen Bereich des Bergsporns noch in großen Teilen erhalten. Hier sind dem Hauptwall neben einem muldenförmigen, mindestens 7,5 m breiten Graben, hangabwärts zusätzlich weitere Vorwälle, Gräben und Terrassen vorgelagert. Weitere Wallreste haben sich im Südosten erhalten, hier ebenfalls mit vorgelagertem Graben und einer wallartigen Gegenböschung. Ein Schnitt durch den Außenwall ergab, dass dieser ursprünglich durch eine 2,85 m dicke Trockenmauer gebildet wurde. Im Süden diente der Steilhang wohl als ausreichendes Hindernis, sodass hier kein Wall nötig war.

 

Mittig im Mittelwall konnte 1916 zudem das Tor der Hauptburg nachgewiesen und näher untersucht werden. Es bestand im Gegensatz zu den übrigen Befestigungen aus Mörtelmauerwerk und war ursprünglich 2,9 m breit. Hinter dem Walldurchlass befand sich ein ebenfalls gemauertes Torhaus.

 

In der Vorburg steht noch heute die Peterskirche, die durch ihren romanischen Turm gekennzeichnet ist. Dort konnten bei Ausgrabungen die Reste eines älteren Kirchenbaues nachgewiesen werden. Die Südostecke der Hauptburg wird durch die Ruinen der mittelalterlichen, also jüngeren Burg Syburg geprägt, die in der zweiten Hälfte des 13. Jh. erstmalig erwähnt wurde und um 1500 noch bestanden haben dürfte.

Funde & Datierung

Aus der Vorburg stammen einige Lesefunde von frühmittelalterlicher Keramik. Vergleichbare Funde des 8. und 9. Jh. konnten bei den dort durchgeführten kleineren Ausgrabungen in den 1980er-Jahren ebenfalls gemacht werden, was im Zusammenspiel auf eine mehr oder minder ausgeprägte Besiedlung hinweist. Es handelt sich dabei vornehmlich um Kugeltopfkeramik und aus dem Rheinland importierte Warenarten. Weitere Funde datieren bis in das Hochmittelalter.

 

Neben diesen Funden wird die Hohensyburg auch in schriftlichen Quellen erwähnt. So berichten fränkische Chronisten von der Eroberung einer Befestigungsanlage an dieser Stelle von den Sachsen durch die Franken im Jahre 775. Die gleiche Quelle erwähnt zudem eine Kirche an gleichem Ort für das Folgejahr, was zu den Baubefunden und Keramikfunden passt. Daher ist es möglich, dass die Vorburg eventuell bereits vor der Anlage der Hauptburg bestanden haben könnte, was auch durch die Bauweise der Wälle der Hauptburg gestützt wird.